Zum Ergebnis des Bildungsgipfels von Bund und Ländern erklären die stellvertretende Vorsitzende der SPDBundestagsfraktion, Christel Humme, und der bildungs- und forschungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Jörg Tauss:
22.10.2008 | Bildungsfinanzierung: SPD-Position setzt sich durch
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In letzter Minute ist ein komplettes Scheitern des Gipfels abgewendet worden. Mit der Zielvereinbarung, künftig 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Bildung und Forschung bis 2015 zu investieren, hat der Bildungsgipfel eine zentrale bildungspolitische Beschlusslage der SPD übernommen. Zwar sind konkrete Umsetzungsschritte abermals vertagt worden nach dem Motto: Wenn Du nicht mehr weiter weißt, dann gründe einen Arbeitskreis. Aber immerhin haben auch die bildungspolitischen Bremser in den Landesregierungen von München über Stuttgart bis Düsseldorf zähneknirschend anerkennen müssen, dass Bildungsausgaben Zukunftsinvestitionen sind und dass Geld für ein leistungsfähiges Bildungssystem eben doch nicht zweitrangig ist. Wir werden sehr genau darauf achten, was dabei am Ende tatsächlich herauskommt.
Es wäre gradezu grotesk, wenn in dieser Situation Unions-Länder ihre eigenen Finanzspielräume nun weiter durch ihre Blockade bei der Erbschaftssteuer einengen würden. Dieses Geld wird für bessere Bildung dringend gebraucht und stünde den Ländern direkt zur Verfügung.
Wäre die Union auch bei allen anderen Themen des Gipfels auf SPD-Linie eingeschwenkt, wäre die Gipfelerklärung in den zahlreichen anderen Sachfragen weniger ernüchternd ausgefallen. In vielen Fragen hat der Gipfel nämlich vor allem auch gezeigt, was mit der Union nach wie vor nicht zu machen ist:
- keine Vereinbarung für den dringend erforderlichen, flächendeckenden Ausbau von Ganztagsschulen;
- keine Vereinbarung zur Beitragsfreiheit in der frühkindlichen Bildung;
- keine Aussage zur abschreckenden Wirkung von Studiengebühren;
- kein Fahrplan für ein Anreizsystem für die Studienplatzfinanzierung nach dem Prinzip “Geld folgt Studierenden”;
- keine klaren Vereinbarungen für erweiterte Studienmöglichkeiten für beruflich Qualifizierte ohne Abitur.
So enthält das Papier in weiten Teilen eine Sammlung vager Zielformulierungen, politischer Absichtserklärungen und abermals vertagter Entscheidungen. An vielen Stellen wollten weder die Kanzlerin oder die Bildungsministerin noch die Unions-Ministerpräsidenten auf entsprechende Vorschläge der SPD und der SPD-Länder eingehen. Außerdem hätte es dem Gipfel gut getan, wenn Kommunen, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbände als wichtige Bildungsakteure in die Vorbereitungen eingebunden worden wären. Bildungsreformen als rein exekutive Veranstaltungen funktionieren selten.
Immerhin erkennen die Länder an, welcher Bedarf an zusätzlichen Studienplätzen in den nächsten Jahren auf die Hochschulen zukommt. Das ist schon mal was. Eine klare Verabredung fehlt aber auch an dieser Stelle. Die SPD-Fraktion wird hier auf eine konsequente Umsetzung der Gipfelerklärung drängen. Der Hochschulpakt II muss zu einem Pakt für die Studierenden werden.
Ansonsten enhält das Papier inhaltliche Substanz vor allem dort, wo es Maßnahmen nennt, die längst beschlossen sind. Die Koalition im Bund hat in den letzten drei Jahren einiges auf den Weg gebracht. Vieles musste die SPD mühsam erkämpfen - vom Ausbau der Kinderbetreuung über die BAföG-Erhöhung, den Ausbau der Studienplätze im Hochschulpakt, die Exzellenzinitiative und den Ausbildungsbonus für Altbewerber bis hin
zum Rechtsanspruch auf die Förderung zum Nachholen eines Hauptschulabschlusses. All diese Verbesserungen stehen im Gipfelpapier – sie sind aber kein Ergebnis des Gipfels.
Unter dem Strich bleibt eine gemischte Bilanz. Das Gipfelpapier ist in weiten Teilen eine Absichtserklärung. Ob es die Bildungsrepublik Deutschland tatsächlich weiterbringt, wird sich daran entscheiden, ob den Willensbekundungen konkrete Umsetzungsschritte folgen. Denn eines darf nicht passieren: dass die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten der Union nach Hause fahren, erleichtert aufatmen, es hinter sich gebracht zu haben – und dann das Gipfelpapier zu den Akten legen.






