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Föderalismusreform

Zwischen Bund und den Ländern wurde eine umfassende Föderalismusreform vereinbart. Diese, und auch die von SPD und CDU/CSU im Koalitionsvertrag vorgeschlagenen neuen Regelungen für die Bereiche Bildung und Forschung, reichen nicht aus, den Herausforderungen einer zunehmenden Internationalisierung, wachsender Wissensbasierung und Innovationsorientierung Deutschlands und eines umfassenden demographischen Wandels gerecht zu werden. Vielmehr sind sie geeignet, dem Bildungs- und Forschungsstandort Deutschland massiven Schaden zuzufügen und so eine bundesweit vergleichbare und international durchsetzungsfähige Bildungs- und Forschungspolitik zu gefährden.

1. Kooperationsverbot: Das in Art. 104b GG-neu vorgesehene Kooperationsverbot von Bund und Ländern bei Schule und Hochschule ist eine kurzsichtige Gefährdung des Bildungsstandortes und auch international ohne Beispiel.

2. Hochschulbau: Die Aufgabe der GA Hochschulbau (Art. 91a Abs. 1 Nr. 1 GG) führt zu einer unterschiedlichen Lastenverteilung zum Nachteil finanzschwacher Bundesländer und insbes. der NBL.

3. Hochschulrecht: Die Aufgabe der Rahmenkompetenz des Bundes gefährdet die Einheitlichkeit des deutschen Hochschulraums.

4. Zukunft der BLK: Der Erhalt der exekutiven Aufgaben der BLK ist notwendig und benötigt weiterhin eine eigenständige, leistungsfähige Institution, in die u.a. auch StK und FinMin hinreichend eingebunden sind.

5. Forschungskooperation: Die gegenwärtige Fassung des Art. 91 b GG-neu beschränkt die gemeinsame Forschungsförderung von Bund und Ländern auf Forschungsvorhaben von überregionaler Bedeutung und lässt die Projektförderung des Bundes unerwähnt.

II. Erläuterungen

  • Zu Pkt 1: Mit dem vorgesehenen Kooperationsverbot wären wichtige Maßnahmen wie das Ganztagsschulprogramm, Förderprogramme für Frauen oder auch die Hochschul- Sonderprogramme dann verfassungsrechtlich unzulässig, selbst wenn alle Akteure sich über Sinn und Form einig wären. Geradezu grotesk wäre dann die Tatsache, dass etwa die EU den Ländern alle möglichen Angebote im Bereich Schule und Hochschule machen könnte, dem Bund aber vergleichbares untersagt wäre. Hier geht es nicht um mehr Kompetenzen für den Bund, sondern um den Erhalt von Möglichkeiten einer Zusammenarbeit bei 17:0-Konsens mit den Ländern hinsichtlich sowohl a) des Bedarfs als auch b) des Instruments.
  • Zu Pkt. 2: Die Investitionen im Hochschulbau folgen bereits seit Jahrzehnten nicht mehr dem Königssteiner Schlüssel (Bevölkerungsquote), sondern aufgrund der geforderten 50%-Mitfinanzierung dem Recht des (Finanz-)Stärkeren. Während NRW, Nds und die NBL etwa daher nur unterproportional investieren konnten, sicherten sich bspw. Bayern und Baden- Württemberg überproportionale Anteile an den Bundesmitteln. Diese auch durch die jeweiligen Haushaltslagen erzwungene Ungleichverteilung wird durch die vorgesehene Normierung auf Basis der Inanspruchnahmen 2000-2003 festgeschrieben und mindestens bis 2013 verlängert. Dies zementiert das bestehende West/Ost- wie Nord/Süd-Gefälle. Zudem ist die GA das einzige kapazitätswirksame Instrument des Bundes. Pro Jahr wendet der Bund ca. 925 Mio. € auf. Damit wird dem Bund das Instrument genommen, gemeinsam mit den Länder den erwarteten Studentenberg 2008-2014 zu bewältigen. Eine Auslastungssteuerung über lokale NCs an den Hochschulen ist für uns als Bildungspartei unakzeptabel.
  • Zu Pkt. 3: Die vorgesehene Bundeskompetenz für Zulassung und Abschlüsse im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung ist auch trotz der vorgesehenen Freistellung von der Erforderlichkeitsklausel keine hinreichende Kompensation für den Verlust der Rahmenkompetenz von uns gewollte Autonomie der Hochschulen bei der Zulassung sowie die zunehmende Europäisierung der Abschlüsse (Stichwort Bologna-Prozess, Durchsetzung BA/MA) lässt es bestenfalls leer laufen, die vorgesehenen Abweichungsrechte der Länder führen es zudem ad absurdum. Wir nehmen uns so bspw. etwa die Chance, bei einem Schwerpunkt unserer Hochschulpolitik dieser LP, nämlich der Erweiterung der Möglichkeiten für ein Studium ohne Abitur, beruflich Qualifizierten den Weg auf die Uni zu erleichtern und den bestehenden Flickenteppich bundesweit zu vereinheitlichen. Eine absehbare weitere Zersplitterung ist aber angesichts des Trends zur Internationalisierung bzw. Europäisierung (ggs. Anerkennung von Leistungen und Abschlüssen, wachsende grenzüberschreitende Mobilität von Schülern, Studierenden und Lehrenden usw.) geradezu widersinnig. Auch der erwartete Studentenberg ab 2008 (wachsende Abiturientenzahlen, 12-Jahre-Abitur) ist nicht ohne einen substanziellen Beitrag des Bundes zu bewältigen. Die offensichtlichen gegenwärtigen Verrenkungen von BMin Schavan, im Rahmen des Hochschulpaktes (Hochschulprogramme soll es ja nicht mehr geben) mit den Ländern über eine Erhöhung von Forschungszuwendungen die Unis zu entlasten und so Spielräume zum Kapazitätsaufbau zu verschaffen, zeigt die Widersinnigkeit des Kooperationsverbotes. Ein Instrument zur Zusammenarbeit sollte daher zumindest als Möglichkeit erhalten bleiben.
  • Zu Pkt. 4: Der Erhalt der exekutiven Aufgaben der BLK ist notwendig. Zwar fand die gemeinsame Bildungsplanung seit den 80er Jahren bereits faktisch nicht mehr statt und ist verzichtbar. Gesichert werden muss allerdings die Entwicklung und Durchsetzung nationaler Bildungsstandards (Lektion aus PISA), die unterbrechungsfreie jährliche Herausgabe der Studien- und Berufswahl- Broschüren sowie die Durchführung der laufenden Modellversuche im Bildungsbereich. Die in Art. 91 b Abs. 2 GG-neu vorgesehene auf (internationale?) Leistungsvergleiche beschränkte Kann-Regelung ist unzureichend. Völlig unverzichtbar ist in jedem Fall die Funktion des Forschungsausschusses der BLK als Regierungsorgan, das für die gemeinsame Forschungsförderung unter Beteiligung der Finanzministerien Entscheidungen zur Verwendung erheblicher Steuermitteln von Bund und Ländern trifft.
  • Zu PKt. 5: Durch die Auslassung ist offen gelassen, ob a) der Bund sich an Forschungsprogrammen für Fachhochschulen beteiligen darf, da deren Vorhaben i.d.R. regional ausgerichtet sind, und ob b) es weiterhin bei der gegenseitigen Informationspflicht bei alleinigen Fördervorhaben von Bund und Ländern bleibt – beides wollen wir. Hier ist eine Klarstellung notwendig, u.a. dass auf keinen Fall bei alleinigen Forschungsprogrammen des Bundes (z.B. der Projektförderung) eine Konsenspflicht mit den Ländern geschaffen wird. Der eingebrachte GE zur Grundgesetzänderung enthält zur Frage der Projektförderung eine zu begrüßende Klarstellung im Begründungsteil.
III. Lösungsmöglichkeiten

  • Streichung des Kooperationsverbotes in Art. 104 b GG-neu und Durchsetzung der Klarstellung hinsichtlich der Projektförderung des Bundes in der Gesetzesbegründung.
  • Streichung der Abweichungsmöglichkeiten der Länder in Art. 72 Abs. 3 GG-neu bei Zulassungen zu und Abschlüssen an Hochschulen.
  • Einfügung einer allgemeinen Kann-Kooperationsformel in Art. 91 b GG-neu, auf deren Grundlage unter der Voraussetzung 17:0-Konsens möglichst weit definierbare Sonderprogramme (Schule, Hochschule, Fachhochschule usw.) zumindest möglich bleiben.