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Offene Akten für Jedermann - Informationsfreiheit auf kommunaler Ebene
Beitrag von Jörg Tauss. In: Stadt und Gemeinde. 3/2006. S. 65-66
Der Zugang zu amtlichen Informationen und die Transparenz behördlicher Entscheidungen sind wichtige Voraussetzungen für die effektive Wahrnehmung von Bürgerrechten. Dies gilt angesichts der wachsenden Informationsmacht des Staates heute mehr denn je. Lebendige Demokratie verlangt, dass die Bürger die Aktivitäten des Staates kritisch begleiten, sich mit ihnen auseinandersetzen und an der Entscheidungsfindung teilnehmen.
Aus diesem Grund hat der Deutsche Bundestag aus der Mitte des Parlamentes heraus den Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes – Informationsfreiheitsgesetz (IFG) – vorgelegt und im Sommer 2005 verabschiedet. Nachdem auch der Bundesrat dieses Gesetz hat passieren lassen, konnte es nun am 1. Januar 2006 in Kraft treten. Nun wäre es endlich an der Zeit, den Bürgerinnen und Bürgern auch vor Ort den Zugang zu den Informationen bei ihren Behörden und Verwaltungen zu gewähren – den Informationszugang auf kommunaler Ebene.
Mit den Informationsfreiheitsgesetzen wird Abschied genommen vom überkommenen Misstrauen des Staates und seiner Behörden gegenüber dem Bürger. Nicht das Amtsgeheimnis, sondern der freie Informationszugang für die Bürger soll in Zukunft die selbstverständliche Regel sein. Der Berliner Rechtswissenschaftler Professor Michael Kloepfer hat das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes daher völlig zu Recht als „Einstiegsgesetz in die Informationszugangsfreiheit und als Ausstiegsgesetz aus der Arkanverwaltung“ bezeichnet.
Die zwischenzeitlich existierenden Informationsfreiheitsgesetze auf Bundesebene und in den Bundesländern gehen Hand in Hand mit den Bemühungen um die Modernisierung der Verwaltung und sind auch im Kontext der E-Government und EVerwaltung- Initiativen auf allen politischen Ebenen zu sehen. Nach dem Grundsatz „Die Informationen sollen laufen und nicht die Bürger“ sollen wichtige und relevante Informationen einfach und unbürokratisch zur Verfügung gestellt werden.
Für den Bürger von entscheidender Bedeutung ist die Gewährleistung der Informationsfreiheit auf kommunaler Ebene, da er hier mit dem Staat in Berührung tritt, wobei hier bislang noch immer eine gewisses Informationsungleichheit zwischen Bürgerinnen und Bürgern und ihrer Verwaltung vorherrscht. Zwar geht es nicht mehr in erster Linie um die Trennung zwischen Macht und Ohnmacht, sondern um die Scheidewand zwischen Wissen und Nichtwissen. Die Informationsfreiheitsgesetze des Bundes und der Länder unternehmen also nicht weniger als den Versuch, diese Ungleichheit ein Stück weit abzubauen, die Rechte der Bürger zu stärken und damit gleichzeitig einen Beitrag für die weitere Modernisierung von Staat und Verwaltung zu leisten.
Umso bedauerlicher ist, dass mit Brandenburg, Berlin, Schleswig-Holstein und Nordrhein- Westfalen erst vier Bundesländer ein Informationsfreiheitsgesetz geschaffen haben. Doch warum erst auf Vorgaben auf Landesebene warten? Auch ohne ein Informationsfreiheitsgesetz entscheiden die Kommunalverwaltungen derzeit nach pflichtgemäßem Ermessen über die Herausgabe von Informationen an ihre Bürger. Grundsätzlich ist es Aufgabe des jeweiligen Bürgermeisters oder der Bürgermeisterin, über Informationsbegehren zu entscheiden. Was spricht also dagegen, dass sich die Kommunalverwaltungen eine Selbstverpflichtung zur Gewährung von Informationsfreiheit auferlegen? Was spricht dagegen, dass die Gemeinderäte ihren Verwaltungen empfehlen, Informationsfreiheit zu gewähren?
Keine Kommunalverwaltung und auch kein Gemeinderat können ein fehlendes Informationsfreiheitsgesetz ersetzen, sich aber durchaus bei der Ermessensausübung im Rahmen von Informationsbegehren an den bestehenden Informationsfreiheitsgesetzen orientieren. Für eine bürgerfreundliche Verwaltung sollte dies eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Es gilt daher auf örtlicher Ebene schlicht, nicht allein ein Informationsfreiheitsgesetz auf Landesebene zu fordern, sondern Informationsfreiheit vor Ort zu gewähren. Die Kommunalverwaltung, die sich hierbei zur Gewährleistung von Daten- und Geheimschutz an einem der bestehenden Informationsfreiheitsgesetze orientiert, kann hierbei auch keine Fehler machen.
Die Gewährung der Informationsfreiheit auf örtlicher Ebene wäre vor allem aber ein wichtiges und nicht zu unterschätzendes politisches Signal an die Landesregierungen und Landesparlamente. Mit parallelen Aktionen und Initiativen auf allen politischen Ebenen, die sich für die „Informationsfreiheit vor Ort“ stark machen, könnten zugleich die Bemühungen auf Landesebene für ein Informationsfreiheitsgesetz unter den Stichworten Transparenz, Modernisierung der Verwaltung und Bürgerfreundlichkeit vorangetrieben werden.