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Sonstige Reden

„Hightech-Strategie für Deutschland“

- nicht redigiertes und endkorrigiertes Exemplar – es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Prof. Mittelstraß,
sehr geehrter Herr Prof. Müller,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Gäste,

Sie glauben gar nicht wie sehr es mich, als Badener freut, hier und heute, im Zentrum vermeintlicher schwäbischer Macht, zu Ihnen sprechen zu dürfen. Die Tatsache, dass mir an diesem historischen Ort die Ehre zuteil wird, die Festrede bei der diesjährigen Stiftungsfeier der Alcatel SEL Stiftung zu halten, zeigt in meinen Augen erneut den unschätzbaren Stellenwert der Badener für dieses Land. Von der Spitzenuniversität will ich jetzt gar nicht reden. Dennoch sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Universität Karlsruhe insbesondere auch deshalb ausgewählt worden ist, weil sie die Forschung und Entwicklung im Bereich der Nanotechnologie ausgerichtet hat. Hier hat der Bund durch seine bereits in der vergangenen Legislaturperiode festgelegte Förderstrategie für Nanotechnologie wichtige Unterstützung leisten können. Ebenso erfreulich ist die Berücksichtigung „der Karlsruhe School of Optics and Photonics“

Sehr geehrte Damen und Herren,
dies zeigt deutlich, dass unser Land ein großes Innovationspotential hat und zu Recht international als Land der Ideen gilt.
Damit wir aber auch das Land der Ideen und der Innovationen bleiben, bedarf es einer einheitlichen, langfristigen und umfassenden Strategie. Nur so kann es uns gelingen in den unterschiedlichsten Zukunftsmärkten unsere Spitzenposition zu halten, oder aber wieder einzunehmen. Die kürzlich von der Bundesregierung vorgestellte Hightech-Strategie, die erstmals über alle Ressorts hinweg entwickelt wurde, nimmt dabei alle Politikbereiche, die die Bereiche Forschung und Entwicklung berühren, in den Blick und markiert den Auftakt für eine neue Innovationspolitik. Gemeinsam mit dem 6-Milliarden-Euro-Programm wird damit eine zentrale Vereinbarung des Koalitionsvertrages umgesetzt, Forschung und Entwicklung nachhaltig zu stärken und die bereits bisher erfolgreiche Förderung von Schlüsseltechnologien weiter fortzuentwickeln. Mit der Strategie stellen wir uns mit einem angemessenen Konzept den Herausforderungen des internationalen Innovationswettbewerbs.

Die SPD-Fraktion wird bei den Schwerpunkten besonderes Augenmerk darauf richten, dass die Mittel auch nachprüfbar wirkungsvoll eingesetzt werden.

Dabei gehen wir folgende innovationspolitische Schwerpunkte an:

  • Die Bundesregierung definiert Ziele für 17 technologische Zukunftsfelder, in denen neue Arbeitsplätze entstehen können. Diese sind z.B. die Bereiche Gesundheitsforschung, Nanotechnologie, Energietechnologien, Informations- und Kommunikationstechnologie etc.
  • Für jedes Feld der Innovationspolitik liegt ein klarer Fahrplan zugrunde, der Forschungsförderung und Rahmenbedingungen stets gemeinsam betrachtet, Initiativen fest. Eine Stärken-Schwächen-Analyse zeigt, wo Deutschland in den verschiedenen Zukunftsfeldern steht und wo Handlungsbedarf besteht. Für alle Felder ist die Aufgabe zentral, neue Märkte für Produkte und Dienstleistungen zu erschließen oder bestehende Märkte zu Leitmärkten auszubauen.
  • Unterzieht man den IT-Sektor einer Stärken-Schwächen-Analyse so zeigt sich folgende Stärken: Deutschland ist weltweit der drittgrößte und in Europa der mit Abstand größte Markt der IKT-Branche. Wir verfügen über ein leistungsfähiges Transport-Netz; hohe Funknetzabdeckung; funktionierenden Wettbewerb. Die deutsche Forschungslandschaft ist in einem Höchstmaß vernetzt (FhG ist die größte IT-Forschungseinrichtung Europas; alle großen IKT-Hersteller unterhalten FuE-Labore in Deutschland). Obgleich dieser Stärken müssen wir auch registrieren, dass es nur wenige deutsche Global Player gibt. Auch ist der Anteil der IKT-Ausgaben am BIP unter westeuropäischem Durchschnitt; bei E-Government sind wir sogar unteres gilt als optimierungsfähig und wir investieren zu wenig in IKT-Infrastrukturen (neue Märkte).
  • Ebenfalls nur im Mittelfeld rangiert Deutschland in Sachen Breitband-Infrastruktur. Dabei hat Breitband direkte Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt der Zukunft. Zum einen trägt Breitband zur Schaffung neuer Arbeitsplätze bei - zum anderen wird sich auch die Qualität der Arbeit in Ländern mit intensiver Breitbandnutzung verbessern. Ziel der Bundesregierung ist es, dass bis zum Jahr 2008 für 98 Prozent aller Haushalte ein breitbandiger Internetzugang über Festnetz, Kabelnetz oder terrestrische Funktechnologien verfügbar ist. Die Bundesregierung unterstützt die Breitbandentwicklung durch eine innovationsorientierte Regulierungs- und Frequenzpolitik und die Verbreitung von Best-Practice-Lösungen über Initiativen, Foren und nicht zuletzt über den Breitbandatlas.
  • Darüber hinaus werden wir ein besonderes Augenmerk darauf haben, dass unter welchem Vorwand auch immer, innerhalb der Hightech-Strategie - und dies sage ich mit aller Deutlichkeit auch in Richtung der Landesregierung Baden-Württembergs - die Kernforschung nicht wieder salonfähig gemacht wird.
  • Die Bundesregierung bündelt in der Hightech-Strategie die Kräfte von Wirtschaft und Wissenschaft. Kooperationen und Gemeinschaftsprojekte werden so stark wie nie zuvor gefördert. Beispiele dafür sind die Einführung einer Forschungsprämie oder die Förderung von Spitzenclustern.
  • Die Bundesregierung gibt mit der Hightech-Strategie neue Impulse für eine schnellere Umsetzung von Forschungsergebnissen in Produkte, Dienstleistungen und Verfahren. Im Rahmen der Hightech-Strategie werden neue Förderinstrumente entwickelt, mit denen Ideen und Forschungsergebnisse unbürokratisch auf ihre wirtschaftliche Anwendbarkeit und Verwertbarkeit überprüft werden können.
  • Die Bundesregierung verbessert die Bedingungen für Hightech-Gründungen und den innovativen Mittelstand. Existenzgründern wird der Weg in den Markt erleichtert, Unternehmern wird bei Kontakten zur Wissenschaft und bei der Umsetzung ihrer eigenen Forschung in Produkte geholfen. Die Förderpolitik für kleine und mittlere Unternehmen wird vereinfacht. Auch die allgemeinen Rahmenbedingungen werden verbessert: Zur Förderung von Existenzgründern und kleinen Unternehmen gehören auch die Unternehmenssteuerreform und der fortlaufende Bürokratieabbau. Die Finanzierung von Forschungsvorhaben durch Banken und Investoren soll erleichtert, die Bedingungen für Wagniskapital verbessert werden.

Sehr geehrte Damen und Herren,
die Zielvorgabe der ursprünglichen Lissabon-Strategie der Europäischen Union, ist es, den Anteil der Investitionen in Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt bis 2010 auf drei Prozent zu steigern. Um dieses Ziel zu erreichen beabsichtigt die Bundesregierung in den Jahren 2006 bis 2009 rund 14,6 Mrd. ¤ in die Hightech-Strategie zu investieren. Davon sind knapp 12 Mrd. ¤ für Forschung und Verbreitung neuer Technologien in den 17 Hightech-Sektoren vorgesehen. Über 2,6 Mrd. ¤ sollen für wesentliche technologieübergreifende Querschnittsmaßnahmen bereitstehen.

Länder und insbesondere die Wirtschaft müssen hier aber ebenfalls ihren Beitrag leisten, denn nur durch diese gemeinsame Anstrengung werden wir das genannte Ziel wirklich erreichen.
Wie ich bereits angeführt habe ist es ein zentrales Ziel der Hightech-Strategie, wenn alle 17 Innovationsstrategien konsequent und mit dem entsprechenden finanziellen Einsatz der Wirtschaft umgesetzt werden, auch neue Arbeitsplätzen zu schaffen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung geht davon aus, dass rund 90.000 zusätzliche Arbeitsplätze im Bereich von Forschung und Entwicklung gebraucht werden. Davon sind zirka 60.000 Arbeitsplätze in Unternehmen anzusiedeln, die je 30 industrielle Arbeitsplätze nach sich ziehen. Somit geht das BMBF von bis zu 1,5 Millionen neuen Arbeitsplätzen aus.
Die Frage ist: Wenn man davon ausgeht, dass die Zahlen auch erreicht werden, wo kommen die dafür notwendigen - ausgebildeten - Menschen her? Allein im Bereich der Maschinenbauindustrie fehlen zurzeit 7000 Ingenieure. Nach Angaben des VDI können derzeit rund 18.000 freie Ingenieursstellen in der Industrie nicht besetzt werden. Zeitgleich kämpft die Industrie bereits seit Jahren mit – mit einer zum Teil selbstverschuldeten und fehlerhaften Informationspolitik – mit sinkenden Studentenzahlen.

Die Deckung des steigenden Bedarfes an hochqualifizierten Fachkräften und die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses sind von herausragender Bedeutung.
Deshalb brauchen wir eine Exzellenzinitiative, deshalb brauchen wir einen ehrlichen Hochschulpakt, bei dem sich allerdings Baden-Württemberg und Bayern – übrigens wie schon bei der Exzellenzinitiative – wieder querstellen.

Sehr geehrte Damen und Herren,
zwar sind die externen Forschungsaufwendungen der Unternehmen in den letzten Jahren gestiegen, doch der Marktanteil der deutschen Hochschulen und öffentlichen Forschungsinstitute beim Technologietransfer hat sich verringert, während der Anteil der in das Ausland vergebenen Aufträge zugenommen hat. Bei der Zusammenarbeit zwischen Forschungseinrichtungen und KMU gilt es noch immer viele Vorurteile und kulturelle Hürden zu überwinden. Deshalb müssen Hochschulen und Forschungseinrichtungen darin unterstützt werden, sich zu öffnen und auf die mittelständischen Unternehmen zuzugehen. Entscheidende Bedeutung für die Innovationskraft und die Spitzenforschung unseres Landes kommt dabei genau diesen kleinen und mittleren Unternehmen als die treibende Kraft des technologischen Wandels zu. Innovative Klein- und Mittelunternehmen (KMU) sind besonders wichtig für die Übertragung neuen technischen Wissens in den Markt. Rund 29.000 KMU forschen regelmäßig (2003; Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung), rund 100.000 innovative KMU gibt es insgesamt. KMU sind immer intensiver in die Spitzenforschung eingebunden und damit treibende Kraft des technologischen Strukturwandels. Gleichzeitig garantieren sie auch die notwendige Breite, mit der FuE in der Wirtschaft verankert ist.

Um die Kooperation von Hochschulen und lokalen Forschungseinrichtungen und Klein- und Mittelunternehmen zu intensivieren, hat die Bundesregierung das Instrument der Forschungsprämie ins Leben gerufen: Im Rahmen des 6-Milliarden-Euro-Programms für Forschung und Entwicklung sollen in den Jahren 2007 bis 2009 etwa 100 Mio. Euro für die Forschungsprämie zur Verfügung gestellt werden. Mit der Forschungsprämie sollen dabei gezielt die Forschungsinstitute gestärkt werden, denen es gelingt, Forschungsverträge mit Unternehmen der Wirtschaft abzuschließen. Das soll erreicht werden, indem öffentlich finanzierte Forschungseinrichtungen und Hochschulen, die Forschungsaufträge der Wirtschaft akquirieren, durch eine zusätzliche Prämie in Höhe von 25 % des Auftragswertes vom Staat gefördert werden. Die Prämie soll branchen- und themenoffen und das Förderverfahren unbürokratisch sein.
Antragsberechtigt sind öffentliche und staatlich anerkannte private Universitäten und Fachhochschulen sowie öffentliche Forschungseinrichtungen in Deutschland, wenn sie FuE-Aufträge kleinerer und mittlerer Unternehmen durchführen.

Förderfähig sind Aufträge für FuE-Projekte aus der Wirtschaft, die der Gewinnung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse oder der Umsetzung neuer Forschungsergebnisse in die Praxis dienen und die noch nicht anderweitig öffentlich gefördert werden.

Sehr geehrte Damen und Herren,
eine staatliche Hightech-Strategie, Hochschulpakt und andere Strategien sind das eine. Aber diese dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass es Licht und Schatten gibt.
Es ist richtig, dass wir seit Jahren bereits große Exporterfolge im Bereich Maschinenbau feiern, einerseits. Andererseits zeigen sich gerade im wichtigen Zukunftsmarkt Kommunikationsbereich lediglich geringe Erfolge. Siemens soll hier lediglich stellvertretend als Beispiel genannt werden. Es muss daher auch die Frage erlaubt sein, warum ein Erfolg wie der Nokias hierzulande nicht möglich war und sogar ist. Ich möchte Ihnen einen von vielen möglichen Gründen nennen: Trotz vieler und unterschiedlicher Ansätze in Fragen der Informationsgesellschaft werden hierzulande immer noch mehr Blätter mit Pressemitteilungen, als mit Ideen und umsetzbaren Konzepten bedruckt.

Ich bin bestimmt kein Freund der koreanischen Subventions-Strategie. Dennoch liegen zwischen dieser Strategie und der Auffassung einiger Landespolitiker Welten. Der frühere baden-württembergischen Medienstaatsminister Palmer vertrat beispielsweise die Auffassung, dass der Ausbau einer Kommunikationsinfrastruktur im Gegensatz zum Ausbau von Straßen nicht Teil einer staatlichen Infrastrukturveranwortung sei. Das alleinige „auf den Markt setzen“ zeigt allerdings, dass der alleinige Wettbewerb nicht den ländlichen Raum erschließt. Ganz im Gegenteil zeigt sich ja gegenwärtig, dass die Telekom lediglich die Großstädte als Markt sieht. Ich bin davon überzeugt, dass der Staat natürlich nicht alles machen muss und kann – deshalb bin ich auch wohl der Rechtsaußen unserer parlamentarischen Linken im Bundestag. Ich denke aber, dass man dennoch Ideen entwickeln könnte, wie man an dieser Stelle schneller vorankommen könnte. Andere Länder machen es uns hier bereits seit Jahren erfolgreich vor.

Die Infrastruktur ist ein Entscheidungsfaktor für den Standort einer Firma. Allerdings werden wie bereits dargestellt bisher hauptsächliche Großstädte und Gebiete entlang der Hauptverkehrsachsen erschlossen. Eine interessante Idee präsentiert seit 2001 die hundertprozentige Tochtergesellschaft der Sparkasse Pforzheim Calw, dies sich die Erschließung des ländlichen Raumes mit Glasfasertechnologie zur Aufgabe gemacht. Nach eigenen Angaben besitzt man heute das größte Breitbandnetz in der Region Nordschwarzwald. Aktuell wird derzeit die Verbindung von Niefern über Mühlacker nach Illingen in Betrieb genommen.

Warum kommt denn niemand auf die Idee und verlegt für Cent-Beträge Leerrohre entlang der Landstraßen und Autobahnen, die ständig und überall aufgerissen werden. Ich behaupte, dass sich diese Rohre von alleine füllen werden.
Hätte der Leibinger so lange nur über Laser gesprochen, anstatt sie zu bauen, dann gäbe es Trumpf schon lange nicht mehr.

Sehr geehrte Damen und Herren,
es ist nicht verwunderlich, dass auch der diesjährige Preisträger Prof. Robert Müller mit seinem Themenbereich Brain-Computer-Interface sich bestens in der geschilderten High-Tech-Strategie einfügt. Meinen allerherzlichsten Glückwunsch an Sie, Professor Müller und meinen ausdrücklichen Dank für Ihren nicht nur interdisziplinären, sondern auch verantwortungszentrierten Ansatz.

Ich möchte an dieser Stelle aber auch meinen Dank an die preisstiftende Institution richten, das Stifterunternehmen mit seiner Alcatel SEL Stiftung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft.
Wann immer sich die Politik mit den wichtigen Zukunftsthemen der Informationsgesellschaft zusammen mit Experten befasst, ein Preisträger der Alcatel SEL Stiftung war immer dabei, so z.B. bei der letzten Datenschutznovelle, oder die frühe Förderung der elektronischen Signatur, die schon vor fast 10 Jahren zum ersten weltweiten (und viel kopierten) Signaturgesetz des Deutschen Bundestages führte. Diese basierte auf den Vorarbeiten des Stiftungskollegs Darmstadt, wo Herr Prof. Rossnagel mit seiner Gruppe provet gefördert wurde. Dies und noch vieles andere hat die Stiftung „angestiftet“. So hat sie das in Deutschland noch bis heute umstrittene Thema E-Government schon seit ihrem Jahrbuch Multimedia@Verwaltung 1999 nicht nur in Deutschland, sondern auch in den europäischen Nachbarländern, speziell auch im Osten platziert. Ich erinnere mich sehr lebhaft an die erfolgreichen Konferenzen in St. Petersburg, bei der auch die Initiative D21 und die Leiter von Media@Komm mit in der Delegation der Stiftung waren. Das Memorandum E-Government von 2000, das Klaus Lenk für die Technikverbände ITG und GI vorlegte, wurde – wen überrascht das – vom Geschäftsführer der Alcatel-Stiftung mitverfasst und gefördert.

Das aus der Mitte des Parlaments schon vor fünf Jahren geforderte Projekt E-Parlament war lange auf der Suche nach externen Partnern, die diesem dümpelnden Anliegen auf die Sprünge helfen sollten. Rasch stand fest, dass keine (der vielen interessierten) Firmen in Frage kam und auch kein Interessenverband der Branche. Für diese Herausforderung, die keineswegs nur das Installieren modernster Technik bedeutet, sondern interdisziplinäre Gestaltung, blieb als Kandidatin mit der Mischung aus Kompetenz und Neutralität tatsächlich nur die neutrale Alcatel SEL Stiftung und wir haben es alle zusammen sehr bedauert, dass die Stiftung das Projekt aus internen stiftungsrechtlichen Gründen nicht beantragen konnte.

Die Alcatel Stiftung wurde mal mit den Worten vorgestellt, es handle sich hier bei aller Überschaubarkeit der Akteure und der Kapazität de facto um eine „eigenständige gesellschaftliche Gruppe zum Themenbereich der ganzen Informationsgesellschaft“, diesem schönen Kompliment kann ich mich anschließen.

Meine Bundestagskollegen Joachim Otto als Vorsitzender des Ausschusses Kultur und Medien und Martina Krogmann, der stv. Geschäftsführerin der CDU/CSU-Fraktion – dies ist also vollkommen überparteilich – haben immer wieder auf die schnelle und praktische Expertise der Stiftung verwiesen. Deswegen gilt mein Dank an dieser Stelle auch dem Stifterunternehmen Alcatel SEL, das auch in den zurückliegenden schwierigen Jahren mit dieser Stiftung ihr gesellschaftliches Engagement auf das beste unterstreicht.

Die schwierigen Jahre der Kommunikationsbranche in Deutschland, deren zeitliches Ende in der Globalisierung leider noch nicht absehbar ist, möchte ich in meinem nächsten Abschnitt vor dem Hintergrund unseres Themas ansprechen.

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich verhehle nicht meine Sorge, dass die Alcatel SEL Stiftung für Kommunikationsforschung mit ihrem umfassenden thematischen Ansatz und ihrem hoch anerkannten Netzwerk im Umfeld der Branche immer mehr Mitstreiter verliert. Große Förderstiftungen wie die Bertelsmann-Stiftung, die zum Beispiel wichtige Beiträge zur Verwaltungsmodernisierung und zum Informationsfreiheitsgesetz gefördert haben, verlagerten ihre Schwerpunkte auf andere wichtige Themen. Auch die politischen Stiftungen haben ihre Events deutlich reduziert. Die Verlagerung der Kommunikationssparte der Siemens AG nach Helsinki hat Bedeutung weit über den engeren betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Aspekt hinaus.
Den Hauptgrund für die Verwerfungen der letzten Jahre, die ein zentral wichtiges Thema eher randständig gemacht hat, sehe ich (und stehe da nicht allein) in der Unüberschaubarkeit und Kompliziertheit der Thematik. Die moderne Technik wird auch von Entscheidern nicht hinreichend verstanden und entsprechend falsch eingeschätzt. Manche hoffen, die Technik könne alles und andere fürchten, dass die Technik alles könne. Die gesamte Wertschöpfungskette, in der Hersteller, Betreiber von Netzen wie Diensten, Contentlieferanten, Rechteinhaber und viele andere mehr ein gemeinsames Produkt auf den Markt bringen müssen, ist durcheinander geraten. Ich will nicht pauschales Politiklob unterbringen, das ebenso falsch wäre wie pauschale Politikschelte. Aber in den letzten Jahren haben wir in der Politik – zum Beispiel für die notwendige Gesetzgebung – nicht nur immer wieder höchst widersprüchliche, sondern vor allem auch wenig umsetzbare Hinweise erhalten. Als Erklärung haben wir gehört, dass die Globalisierung und der Kostenwettbewerb eben eine Konzentration auf das sog. Kerngeschäft erzwinge. Betriebswirtschaftlich mag das stimmen, aber ob der Verzicht auf die Gestaltung der Rahmenbedingungen des Marktes, also auf das Erarbeiten von gemeinsamen Standards für Kompatibilität, für Nachhaltigkeit, für Sicherheit, das Erarbeiten längerfristiger Gesetze bis hin zu den Aspekten von Verbraucher- und Datenschutz, wirklich zum Kerngeschäft führt, ist fraglich. Ich appelliere an die Wirtschaft diese Aufgaben wieder zu verstärken, sonst stehen Spitzeningenieure genau wie die Vertriebsleute im Weltmarkt ziemlich verloren da. Und den Weltmarkt müssen wir als exportorientierter Standort niemals aus dem Auge verlieren.
Und angesichts der Bedeutung von modernen Infrastrukturen will ich ganz ohne platten Nationalismus sagen, dass ich die hier am Standort gestaltet wissen will. Als führende Industrienation, aber auch als eine bedeutende Kulturnation will ich auf dem Gebiet der alten wie neuen Medien kein Importstandort werden.

Noch sehen wir seitens der Regierungskoalitionen nicht den „Ruck“, der gerade durch diese Branchen gemeinsam gehen muss. Und ich bin noch nicht überzeugt, dass unsere Bundeskanzlerin auf dem IT-Gipfel kurz vor Weihnachten so viele Argumente für meine Kollegen Haushälter auf dem Tisch bekommen wird, dass im Rahmen der Hightech-Strategie die neuen Netzinfrastrukturen noch intensiver gefördert werden muss. Und was mich persönlich wurmt: Noch haben wir nichts in Sichtweite, mit dem wir im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft eine Vorreiterrolle in Europa reklamieren könnten.
Lassen Sie uns die nächsten Monate nutzen, zusammen mit der Forschungspolitik, aber auch mit der Wirtschafts- und Regulierungspolitik konkrete Dinge erarbeiten, das wäre der beste Ansatz für Wachstum und Arbeitsplätze.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!