Suchen

 

Sonstige Reden

Festrede anlässlich des Projektes "www.lebensrausch.com"

- nicht redigiertes und endkorrigiertes Exemplar – es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Initiatoren des Projektes „www.lebensrausch.com“
liebe Preisträger,
liebe Gäste,

ich freue mich sehr, Sie heute hier im Rahmen der Messe für Computer- und Videospiele „Games Convention“ in Leipzig zur Auszeichnung der Preisträger des Wettbewerbs Preisverleihung des Kinder- und Jugendnachwuchspreises für Spielentwicklung – der unter dem Thema „Die Welt, in der lebst stand - begrüßen zu dürfen.

Als ich vor geraumer Zeit von den Initiatoren der Initiative „www.lebensrausch.com“ gefragt wurde, ob ich diese Ansprache anlässlich dieser Preisverleihung übernehmen könnte, habe ich spontan sofort zugesagt. Als der zuständige Sprecher meiner Fraktion für die Bereiche Bildung, Forschung, Medien und Neue Medien und so beschäftige ich mich natürlich auch viel mit den Fragen, wie die neue Medien in der Bildung genutzt werden können (und vielleicht sogar den Spaß am Lernen vergrößern können), wie die Medienkompetenz der Kinder und Jugendlichen aber auch der Lehrerinnen und Lehrer verbessert werden kann und schließlich wie mittels der neuen Medien neue Netzwerke – seien es jetzt fachspezifische oder auch alters- und freizeitspezifische – genutzt werden können. In der SPD nicht anders als in anderen Parteien wird die Entwicklung sehr skeptisch beäugt.

  • Computerspielen oder Spielern hängt nicht gerade der Hauch von Wünschenswertem an.
  • Generationenfrage – aber nicht nur.
  • Als nach den Erfurter Vorgängen Computerspiele als die wahre Ursache der furchtbaren Gewalttat von Erfurt ausfindig gemacht wurde, habe ich bis hin zum Kanzler mit meinem Outing fast entsetzen ausgelöst, als ich mich bekannte, das auch schon und sogar ganz gerne gemacht zu haben. „Du machst Computerspiele?“ Das Entsetzen meiner KollegInnen war auf dem Gesicht ablesbar.

Trotz Bundestagswahlkampf befinden, so habe ich mich trotz des dichtgedrängten Terminkalenders in dieser Woche auch deshalb sehr auf diese heutige Preisverleihung gefreut. Dies vor allem aus zwei Gründen: Zum einen hat mich das Projekt Lebensrausch wirklich begeistert, leistet es doch einen wichtigen Beitrag zum Abbau von Vorurteilen und zum Aufbau zivilgesellschaftlicher Strukturen, gerade für Kinder und Jugendliche, die oft keine Perspektive haben. Ich möchte diese länderübergreifende Initiative, welche von den Landeskriminalämtern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie der IKK Sachsen-Anhalt und Brandenburg-Berlin ins Leben gerufen worden ist, ausdrücklich begrüßen und den Initiatoren und Unterstützern herzlich für dieses Engagement danken. Bereits heute bietet die Plattform lebensrausch.com als gelungenes Jugendportal zahlreiche Möglichkeiten, sich für Jugendliche und das jugendliche Zusammenleben in der Gesellschaft einzusetzen und die Kinder und Jugendlichen vor Sucht- und Drogenproblemen zu schützen bzw. sie herauszuholen. Es ist keine Frage! Computerspiele können wie Politik, Alkohol oder Sekten süchtig machen.

Daher ist dieses Projekt und nicht zuletzt auch der heute zu Ende gehende Wettbewerb „In der Welt, in der du lebst“ eine gelungene Kombination zur Stärkung der Lebens- und Medienkompetenz der jungen Leute, zur Nutzung der neuen Medien zum Aufbau von jugendlichen Netzwerken und zur Prävention. Bei diesem Wettbewerb wurden durch Jugendliche selbst entwickelte Computerspiele, Lernsoftware, Onlinespiele, Brett- und Kartenspiele sowie Spielgeschichten gesucht, die sich mit dem Thema „In der Welt, in der du lebst“ beschäftigten. An diesem Wettbewerb haben sich ca. 200 Kinder und Jugendliche beteiligt. Einsendungen kamen, wenn ich dies richtig mitbekommen habe, sogar aus Italien. Ich habe mir von der Jury einige der Spielentwürfe und –vorschläge zeigen und erklären lassen und war doch – zugegeben – echt beeindruckt angesichts dieser sehr kreativen Ideen und der wirklich zum Teil mitreißenden Spielideen. Auch war es natürlich spannend zu sehen, wie diese dann mit oft nur sehr wenigen Mitteln umgesetzt worden sind.

Durch die Jury wurden insgesamt 25 Gewinner ermittelt und die Hauptpreise werden vergeben in den Kategorien Bestes PC Spiel, Bestes Spielgesamtkonzept sowie Bestes Brettspiel.

Wettbewerbe wie der heutige können vielleicht einen nicht zu unterschätzenden und entscheidenden Beitrag dazu leisten, die Entwicklung anspruchsvoller deutscher und europäischer Spiele zu fördern. Computer- und Videospiele sind bereits heute ein wichtiger kultureller und ökonomischer Faktor. In anderen Ländern wird die Entwicklung von anspruchsvollen Computerspielen – ähnlich wie beim Film - gefördert, um die mit hohen Vorfinanzierungskosten verbundenen Risiken abzufedern. In Deutschland haben es heimische Produktionen, die mit niedrigeren Etats arbeiten müssen, dagegen schwer und werden von den wenigen großen ausländischen Produzenten zunehmend verdrängt. Auch wir prüfen derzeit in Berlin, ob und wie wir die Entwicklung von qualitativ hohen und anspruchsvollen Spielen unterstützen können.

Mit diesem wichtigen Wettbewerb wird daher ein zweifacher Beitrag geleistet: Zum einen kann dieser Wettbewerb dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche und ihre Ideen einbezogen werden bei der Entwicklung sinnvoller und kulturell bedeutender Computerspielinhalte - wobei zugleich ein wichtiger Anreiz geschaffen werden könnte, der der Produktion von gewaltverherrlichenden Computerspielen aus kommerziellen Erwägungen entgegengewirkt. Zugleich kann mit solchen Wettbewerben ein nicht zu unterschätzender Beitrag zur Sicherung der Vielfalt auch in diesem für Kinder und Jugendliche so wichtigen Bereich geleistet werden.

Ich möchte den Preisträgern dieses Wettbewerbes, die ja gleich bekannt gegeben werden, herzlich gratulieren und ihnen - aber auch allen anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die sich an diesem Wettbewerb beteiligt haben - für dieses Mitmachen danken und schon jetzt darauf hinweisen, dass dieser Wettbewerb auch im kommenden Jahr durchgeführt werden soll.

Ich hoffe, dass das Projekt www.lebensrausch.com und auch dieser schöne Wettbewerb „In der Welt, in der du lebst“ nicht nur eine große Aufmerksamkeit erfährt, sondern vielleicht auch den einen oder anderen „Nachahmer“ – im positiven Sinne, nicht im Sinne von Ideenklau - finden wird, damit die damit verbundenen Hoffnungen – also insbesondere das Einbeziehen der Ideen und Gedanken der Kinder und Jugendlichen in die Spielentwicklung und die Sicherung der Vielfalt auch in diesem Bereich – auch tatsächlich verwirklicht werden können, nicht zuletzt auch mit dem Ziel, die Entwicklung von qualitativ hohen und anspruchsvollen deutschen und europäischen Produkten auch auf diese Weise zu fördern.
Wenn wir es jetzt noch schaffen, auch die Elterngeneration mit mehr Kompetenz an die Materie heranzuführen, wäre dies ein großer Gewinn.

Der Spiegel schreibt diese Woche, ob ein Spiel Segen oder Fluch wird, hängt vor allem von der Medienkompetenz der Eltern ab. Als Bildungspolitiker füge ich hinzu: Auch von der Medienkompetenz der Lehrer hängt es ab. Wer Computer und Computerspiele für das Ende aller Pädagogik hält, wird zu den Kindern und Jugendlichen keinen Zugang haben.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!