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Das e-Demokratie-Pilotprojekt des Deutschen Bundestages

Der Unterausschuss Neue Medien des Bundestagsausschusses für Kultur und Medien hat für das erste e-Demokratie-Projekt beim Deutschen Bundestag die umfassende Modernisierung des Informationsrechtes als Gegenstand gewählt. Dieses doppelte Reformprojekt hat nicht weniger zum Ziel, als zugleich den zweifellos bestehenden Reformbedarf im deutschen Datenschutz- und Informationsrecht aufzugreifen, als auch die nicht minder zweifellos bestehenden Reformchancen für die politische Kommunikation und demokratische Teilhabe zu nutzen. Bei beiden Reformvorhaben wird jedoch deutlich, dass zunehmend technologische Fragestellungen, Möglichkeiten und auch Probleme mitentscheidende Rahmenbedingungen darstellen und möglichst frühzeitig berücksichtigt werden müssen.

Das e-Demokratie-Projekt des Unterausschusses Neue Medien zur "Modernisierung des Informationsrechtes" versteht sich als ein experimentelles Pilotprojekt in diesem Sinne. Ziel ist nicht die realistische Abbildung der Prozesse oder der perfekte Gesetzentwurf, sondern die Öffnung der Fachdebatte um das e-Recht und die systematische Erfahrungssammlung bei der Umsetzung komplexer e-Demokratie-Projekte. Wir folgen dabei einem zweiteiligen Projektkonzept: In einem Informations- und Serviceteil steht die thematisch differenzierte Zugänglichmachung von Dokumenten, Texten und Stellungnahmen im Vordergrund. Ideal wäre ein umfassendes Angebot aller relevanten und interessanten Inhalte und themenverwandter Links auf der Seite zu realisieren. Bei einem guten Informationsangebot und bei hinreichender externer Vernetzung des Angebots kann dieser Projektteil durchaus mit den Funktionalitäten eines Portals zum Informationsrecht verglichen werden. Geplant sind ferner auch elektronische "Call for Paper"-Verfahren hinsichtlich aktueller Themen sowie selbstverständlich die systematische Archivierung aller Inhalte. Zur Steigerung der Transparenz werden Erläuterungen der (auch vor-) parlamentarischen politischen Spielregeln, Verfahren und Prozeduren angeboten, sowie die Aktivitäten und Positionen der verschiedenen Akteure aus Politik, Parlament, Wissenschaft oder Verwaltung nachvollziehbar und transparent dargestellt. Als besonderer Service für das Parlament werden die Fraktionen darüber hinaus auf eigenen Plattformen, die sie auch eigenverantwortlich verwalten, Inhalte anbieten und nach Bedarf vertraulich kommunizieren können.

Bei e-Demokratie-Angeboten mangelt es insbesondere an Erfahrungen mit interaktiven Elementen, die zugleich demokratischen Anforderungen genügen als auch eine unstrukturierte thematische und inhaltliche Diffusion der Beiträge und Beitragenden verhindern. Da Internet-Wahlen oder Abstimmungen auf bisher ungelöste organisatorische und sicherheitstechnische Probleme stoßen, wie etwa die Bestimmung der Wahlberechtigten und die Absicherung des Wahlvorgangs selbst, wird dieses Pilotprojekt in seinem zweiten Teil primär den Aspekt der öffentlichen Diskussionsteilhabe in den Vordergrund stellen. Dazu zählt sowohl die themenorientierte Online-Kommunikation in Chats als auch der Dialog zu verschiedenen Diskussionsthemen im Forum, das rechtswissenschaftlich moderiert wird. Erfahrungen bestehender Diskussionsforen im Internet zeigen immer wieder, dass eine dynamische Strukturierung und aktive Systematisierung der Debatte sowie die fachkundige pointierte Zusammenfassung von Positionen sowohl die Motivation der Teilnehmer erhöht als auch die Qualität der Diskussion beträchtlich zu steigern vermag. Zudem kann so mindestens ansatzweise einem issue capture vorgebeugt werden, d.h. einem infolge der überproportionalen Beteiligung interessierter oder gar beteiligter Akteure oberflächlich verzerrten Meinungsbild oder einer thematischen Verengung der Foren. Das Projekt wird auch wissenschaftlich begleitet werden und die Ergebnisse werden Verwaltung des Deutschen Bundestags zur Verfügung gestellt, um die Realisierung künftiger Projekte zu vereinfachen.

Das Pilotprojekt kann bei Erfolg einen wichtigen Beitrag leisten, den Rechtsrahmen angemessen und dynamisch in Richtung e-Recht zu reformieren und die Debatte um die Modernisierung des Informationsrechtes nicht ausschließlich auf die Ebene rechtlicher Regulierung zu verengen. Das Projekt kann aber ebenfalls dazu beitragen, erste Erfahrungen bei der praktischen Umsetzung der demokratischen Potenziale der neuen IuK-Technologien zu sammeln. Es ist ein erster Reformschritt, die Chancen von e-Demokratie für eine gesteigerte politische Information, eine höhere politische Transparenz, eine vereinfachte und aktive Partizipation und Teilhabe auch zu nutzen und so verlorengegangenes Vertrauen in das politische System zurückzugewinnen - denn auch die e-Demokratie lebt von der Legitimation, die ihr die Bürgerinnen und Bürger entgegenbringen.

Link zum Pilotprojekt www.elektronische-demokratie.de