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TK-Überwachung nach den Anschlägen des 11. September

Die terroristischen Anschläge vom 11 September 2001 in New York und Washington dokumentieren eine neue Bedrohungsdimension sowohl für die internationale wie für die Innere Sicherheit offener Gesellschaften. Es wurde schnell klar, dass der Staat auf dieses neue Szenario reagieren muss und der Ausgleich zwischen den Interessen der Nachrichtendienste und Strafverfolgungsbehörden einerseits und den individuellen Grundrechten und wirtschaftlichen Belastungen andererseits neu austariert werden muss. Aufgrund der näheren Tatumstände der Anschläge - wie etwa die vermutete besondere Rolle der eMail-Kommunikation oder die verborgen gebliebenen Vorbereitungshandlungen der Attentäter in Deutschland und Florida - geriet sehr bald die Telekommunikationsüberwachung und auch die geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen in den Mittelpunkt der Diskussionen um eine effektive Prävention und Sicherheitsmaßnahmen gegen die terroristische Bedrohung.

Das Sicherheitspaket I

Bereits kurz nach den Anschlägen hat die Bundesregierung ein bündel von Sofortmaßnahmen beschlossen und umgesetzt, die als Sicherheitspaket I bezeichnet werden. Hierbei handelt es sich insbesondere um einen neuen Straftatebstand § 129b im Strafgesetzbuch (StGB), der es ermöglicht, die Mitgliedschaft und Unterstützung terroristischer Gruppierungen auch dann strafrechtlich zu verfolgen, wenn diese selbst nicht in Deutschland aktiv ist oder über Strukturen verfügt. Damit ist eine Rechtslücke geschlossen worden, die bisher den Missbrauch Deutschlands als sogenannter Rückzugs- oder Ruheraum ermöglicht hat und die Mitgliedschaft in internationalen terroristischen Organisationen auch in Deutschland unter Strafe stellt. Zweitens ist im Vereinsgesetzes das sogenannte Religionsprivileg dahingehend präzisiert, dass extremistischen Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsvereinigungen verboten werden können, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen. Dies bedeutet nicht einen Eingriff in die Religionsfreiheit bedeutet, sondern erschwert es extremistischen Gruppierungen unter dem Deckmantel angeblich religiöser Zielsetzungen verfassungswidrige Ziele zu verfolgen. Ergänzt werden diese Bestimmungen durch verstärkte operative Kontroll- und SchutzMaßnahmen (z.B. Grenzkontrollen, Objektschutzpläne für gefährdete Gebäude) sowie durch Rasterfahnungsmaßnahmen der Landespolizeibehörden.

Das Sicherheitspaket II

Das eigentliche Terrorismusbekämpfungsgesetz der Bundesregierung vom 9. Januar 2002 (sogenannte Sicherheitspaket II, BGBl. I S. 361) besteht aus einer Reihe von neuen Einzelbestimmungen, die nur teilweise einen Bezug zur Telekommunikationsüberwachung oder zum Datenschutz haben. Im Kern geht es vor allem um die Ausweitung der Ermittlungkompetenzen des Bundeskriminalamtes, des Bundesamtes für Verfassungsschutz, des Militärischen Abschirmdienstes und des Bundesnachrichtendienstes hinsichtlich terroristischer Aktivitäten. Dazu werden Auskunftspflichten von Unternehmen der Telekommunikation, des Finanz- und Kreditwesens oder von Luftfahrtgesellschaften sowie von Auslands- und Ausländerbehörden gegenüber diesen Behörden und Diensten erweitert. Dies ist notwendig und sinnvoll, da beim internationalen Terrorismus zunehmend der Herkunftsort der Terroristen, die Vorbereitungsorte und der Tatort weit auseinanderfallen und über den Globus verstreut sind. Daraus folgt, das internationale terroristische Aktivitäten zunehmend auch mit hoher Mobilität, intensiver Telekommunikation, weltweiten Finanzflüssen und auch sicherer Vorbereitungs- und Ruheräume einhergehen. Es wird erwartet, dass sich aus diesen Informationen verbunden mit Verdachtsmomenten aus klassischer Ermittlungstätigkeit wichtige neue Erkenntnisse auch zur Terrorprävention gewinnen lassen.

Darüber hinaus enthält das Sicherheitspaket II erstens ebenfalls neue Bestimmungen zur Sicherheitsüberprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen innerhalb von lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtungen tätig sind oder es werden sollen. Der Ausfall oder die Beeinträchtigung solcher Einrichtungen stellt eine erhebliche Gefährdung für die Gesundheit oder das Leben von großen Teilen der Bevölkerung dar bzw. eine Bedrohung für die Funktionsfähigkeit des Gemeinwesens insgesamt. Daher wurde das Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG) dahingehend geändert, dass an solchen Stellen allein zuverlässiges Personal eingesetzt werden kann und Terroranschläge von innen weitestgehend unmöglich werden. Ferner wurden zweitens die Aufgaben des Bundesgrenzschutzes erweitert und umfassen nunmehr ebenfalls die bewaffnete Flugbegleitung auf deutschen Flugzeugen zur Erhöhung der Flugsicherheit. Drittens schliesslich erhält das Pass- und Personalausweisgesetz die Möglichkeit der Aufnahme sogenannter biometrischer Merkmale zur Identitätssicherung, wobei die genaue gesetzliche Ausgestaltung der 15. Legislaturperiode vorbehalten bleibt.

Rechtstaatlichkeit, Datenschutz und Datensicherheit

In Zeiten einer national wie international angespannten Sicherheitslage geraten Grundrechte und Datenschutz nur zu oft ins Visir der Diskussionen. Dabei ist Datenschutz gerade in der Informationsgesellschaft ein unabdingbares bürgerliches Grundrecht und dient insbesondere - was oft vergessen wird - auch zum Schutz von Wirtschafts- und Forschungsgeheimnissen. So unterliegen die Maßnahmen der Sicherheitsbehörden in weiten Teilen den engen Bestimmungen des G-10-Gesetzes. Das bedeutet, dass diese Maßnahmen an sehr hohe Voraussetzungen gebunden sind und den Kontrollorganen offen gelegt sowie von diesen überprüft werden müssen. Darüber hinaus sind alle Bestimmungen des Sicherheitspaketes auf fünf Jahre befristet. Eine Verlängerung ist dabei, auch dies ein wichtiger Erfolg für den Grundrecht- und Datenschutz in Deutschland, an die Voraussetzung eienr erfolgreichen Evaluierung der Bestimmungen geknüpft. Trotz dieses Zeitdrucks ist es gelungen, die Voraussetzungen für eine deutlich erhöhte Innere Sicherheit zu schaffen und dennoch die rechtsstaatlichen Prinzipien und die Bürgerrechte zu wahren.


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