Anlässlich der Veröffentlichung der Länderauswertung der internationalen Schulvergleichsstudie PISA, PISA-E, erklärt der bildungs- und forschungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Jörg Tauss, MdB:
18.11.2008 | PISA-E: Bildungsreformen entschieden fortsetzen – ohne Schulstrukturreform geht es nicht
Pressemitteilungen
PISA-E: Bildungsreformen entschieden fortsetzen – ohne Schulstrukturreform geht es nicht
Die bildungspolitische Bewertung der ergänzenden Länderauswertung PISA-E fällt gemischt aus. Einerseits ist es sehr erfreulich und zu begrüßen, dass deutsche Schülerinnen und Schüler offenbar im internationalen Vergleich mit der Spitze deutlich besser mithalten und teilweise sogar aufschließen konnten – dies gilt gerade auch für die MINT-Fächer. Besonders hervorzuheben ist insbesondere die größte Leistungssteigerung für ein Flächenland, die rheinland-pfälzische Schülerinnen und Schüler erreicht haben. Entschiedene Bildungsreformen zahlen sich aus und die bildungspolitischen Anstrengungen von Bund und Ländern zeigen erste erfreuliche Erfolge.
Andererseits bestätigt die Studie aber aufs Neue, dass Bildungserfolg in Deutschland weiterhin vor allem von sozialer Herkunft und sozioökonomischen Rahmenbedingungen abhängig ist. Mangelnde Chancengleichheit ist und bleibt die größte Hürde zu besseren Leistungen in der Breite im deutschen Bildungssystem – in Sachsen ebenso wie in Bayern oder Bremen. Es greift zu kurz, nur auf die Spitzenleistungen zu starren und darüber die Verbesserung der Bildungsangebote und der individuellen Förderung für alle zu vernachlässigen. Unser Ziel muss es sein, jede Schule vor Ort in die Lage zu versetzen, dass sie jedem Schüler und jeder Schülerin individuelle Förderangebote machen kann. Deutschland darf in seinen Anstrengungen um eine bessere Bildung für alle gerade jetzt nicht nachlassen, sondern muss die Bildungsreformen entschieden fortsetzen.
Die Studie zeigt eindeutig, dass zu einem wirklich objektiven Vergleich der Leistungsfähigkeit nicht nur die erzielten Punkte betrachtet werden müssen, sondern vor allem auch die wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen der Schülerinnen und Schüler vor Ort. Die mangelnde Durchlässigkeit und hohe Selektivität des dreigliedrigen Schulsystems ist und bleibt hierbei ein negativer Faktor. Das positive Beispiel Sachsen zeigt deutlich, dass der Anteil an Oberstufenschülerinnen und –schülern aus Arbeiterhaushalten etwa in einem zweigliedrigen Schulsystem deutlich erhöht werden kann. Die Ankündigung des baden-württembergischen Kultusministers Helmut Rau, jetzt dei Hauptschulen zu Werkrealschulen umzugestalten, ist das Eingeständnis des Scheiterns des dreigliedrigen Schulsystems.
Hinzu kommt zweitens die nach wie vor mangelhafte Integrationsleistung unseres Bildungssystems. Im Umkehrschluss impliziert das natürlich vergleichsweise bessere Leistungen in Ländern mit geringen Schüleranteilen mit Migrationshintergrund, was am Beispiel Sachsens und Bayerns positiv deutlich wird. Länder wie NRW, Berlin oder Bremen haben hier ungleich mehr zu leisten. Wir als Sozialdemokraten freuen uns sehr über Einzelleistungen in der Spitze, stellen aber die Chancengleichheit für alle in den Mittelpunkt unserer Politik. Deshalb haben wir das Ganztagsschulprogramm gestartet, deshalb haben wir nationale Bildungsstandards und eine nationale Bildungsberichterstattung angeregt und deshalb stehen wir auch zur Gebührenfreiheit in der Bildung von der KITA bis zur Hochschule.
Allerdings zeigt PISA-E auch erneut deutlich, wie weit der Bildungsgipfel von Frau Merkel und Frau Schavan vor nicht einmal einem Monat von der schulischen Realität entfernt war und wie dürftig deren konkrete Ergebnisse offenbar sind. Konkrete Vereinbarungen zur Verbesserung der Chancengleichheit für alle sucht man vergebens. Deutschland darf aber gerade jetzt in seinen Anstrengungen um eine bessere Bildung für alle nicht nachlassen, sondern muss die Bildungsreformen entschieden fortsetzen. Hier stehen die KMK und auch der Bund weiter in der Pflicht.
Eine direkte Bewertung der bisherigen Bildungsanstrengungen wird erst mit der kommenden PISA-Studie sinnvoll sein, da sie erstmals wieder wie die erste „PISA-Schock“ Studie aus 2000 die Wissenskompetenz in den Mittelpunkt der Messungen stellen wird. Dann haben wir einen echten vorher/nachher-Vergleich und können belastbare Bewertungen der Entwicklung leisten. Mit den gemeinsamen Anstrengungen von Bund, Ländern und Kommunen seit 2000 sind wir überzeugt, dass Deutschland sich verbessert zeigen wird.

Priorität für Bildung und Forschung










